Hier haben Sie die Möglichkeit, der Fotografin Naomi Leshem persönliche Fragen zu stellen – ob zu einzelnen Werken, ihrer Arbeitsweise oder ihren Inspirationsquellen. Ihre Frage können Sie unten auf der Seite hinterlassen: Fragenfeld
Naomi Leshem, 1963 in Jerusalem geboren, ist eine der erfolgreichsten Fotografinnen Israels.
Nach einem Studienaufenthalt an der Universität Fribourg in der Schweiz nahm sie am Hadassah Academic College ein Fotografiestudium auf und fand über Stationen in der kommerziellen sowie in der Architektur-Fotografie zur Kunst.
Ihre Werke befinden sich unter anderem in den Sammlungen des Israel Museums in Jerusalem, des Tel Aviv Museum of Art und des Norton Museum of Art in Florida, USA. In den vergangenen Jahren hat sie unter anderem in der Andrea Meislin Gallery in New York, im Museum Rietberg in Zürich und in der Ncontemporary Gallery in London und in Mailand ausgestellt.
Ein Großteil ihrer Fotografien setzt sich mit verschiedenen Transitionsphasen auseinander.
Naomi Leshem lebt in Kiryat Ono bei Tel Aviv und unterrichtet an verschiedenen Hochschulen und Kunstschulen Fotografie.
In Bühl liegen ihre Wurzeln: Naomi Leshem ist die Tochter von Dr. Ehud Loeb (1934-2019), der als Herbert Odenheimer in Bühl geboren wurde.
Antwort: „Einige Aufnahmen sind mehr inszeniert, andere weniger. In der Regel habe ich eine genaue Zielsetzung und ein Konzept im Kopf. Für meine Serien „Runways“ und „Centered“ zum Beispiel, wusste ich schon vorab ganz genau, wo die Bilder entstehen sollten, wie die Komposition gestaltet sein soll, welches Licht ich möchte – aber auch, wenn vorab alles detailliert geplant ist, passieren immer unvorhergesehene Dinge. Licht und Himmel ändern sich spontan, es ziehen Wolken auf, die Schatten werfen, die Person, die ich fotografiere, macht spontan eine Geste, die mir noch besser gefällt als die eigentlich geplante Pose… die Grobstruktur ist immer geplant, aber ich lasse Dinge passieren und lasse mich auf den Moment ein. Viele Details können sich spontan und unerwartet ändern, es ist immer ein Abenteuer und eine kleine Überraschung, was am Ende entsteht.“
Antwort: „Beides ist möglich. Teilweise entstehen Bildpaare, weil das Konzept der beiden Bilder oder die Optik zusammenpasst, teilweise einfach aus einem Gefühl heraus. Das ist eine Kombination aus Kopf, Herz und Bauchgefühl. Manchmal führe ich Bilder zu einem Paar zusammen und verstehe erst im Nachhinein, wenn ich darüber nachdenke – vielleicht einen Tag, vielleicht eine Woche später – was mich dazu bewegt hat, die Bilder zusammenzubringen. Es ist ein Zusammenspiel zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein – manchmal weiß ich, warum die Bilder zusammengehören, manchmal fühle ich es und verstehe es erst später. Viele verschiedene Kriterien spielen eine Rolle.“
Antwort: „Die Serie Centered besteht aus zehn Werken – fünf zeigen Frauen auf einem Drahtseil, fünf Männer unter einem Baum in der Wüste. Das abgebildete Seil wird eigentlich im Zirkus verwendet – Mitarbeiter aus dem Zirkus haben das Seil auch auf beiden Seiten gehalten. Meine Idee war, Frauen, die noch nie auf einem Seil stehen mussten, in 1,60 – 1,80m Höhe darauf balancieren zu lassen und zu beobachten, wie sie mit diesem Balanceakt umgehen – physisch und psychisch. Alle Frauen haben sich ganz unterschiedlich in der Situation verhalten, ich hatte keine Ahnung, wie sie reagieren würden. Ihre Haltung, ihre Posen und Emotionen waren nicht vorhersehbar, einzig die Inszenierung konnte einheitlich sein. Sie mussten, um die Balance zu finden, ganz bei sich, ganz „Centered“ sein. Die verschiedenen Arten, wie Menschen mit ihren Ängsten, mit neuen Situationen umgehen, sind enorm faszinierend. Von außen mögen sie ganz ausgeglichen und entspannt aussehen, innerlich aber Spannungen mit sich tragen, die wir nicht erahnen können.“
Auf dem Bild ist ein schwarzer Teller zu sehen. Weil das Material Metall enthält, verleiht natürliches Licht dem Teller einen goldenen Ton – es wirkt, als wäre er komplett gold. Der Schatten in der Mitte des Tellers ist mein eigener.
Ich habe das Bild mit einer Analogkamera, einer Hasselblad, aufgenommen. Ich benutze keine Drohnen, sondern fotografiere immer analog.
Vielen Dank! Ich benutze tatsächlich noch immer dieselbe Kamera wie damals. Die Kamera und ich sind uns sehr vertraut, ich mag das Format sehr gerne. Sie fühlt sich mittlerweile wie ein Teil von mir, wie eine Erweiterung meiner Hand an.
Meistens benutze ich natürliches Licht. In meiner Serie „Sleepers“ musste ich durch die Dunkelheit im Raum auf künstliche Beleuchtung zurückgreifen und habe einen externen Blitz genutzt. Sonst entstehen alle Bilder im natürlichen Licht – besonders gerne nutze ich das harte, gleißende Licht um die Mittagszeit im Sommer. Das grelle Licht wirkt zwar zunächst schwer, wenn man damit arbeitet stellt man aber fest, dass es den Bildern eine besondere Kraft und Ausdrucksstärke verleiht.
Vielen Dank, das freut mich! Das ist auch eines meiner Lieblingsbilder.
Ja, sie schlafen alle. Ich habe sie in einer Phase des Schlafs fotografiert, in der sie sich oft umdrehen, also habe ich den Raum immer mal wieder verlassen. Wenn die Position nicht geeignet für ein Foto war, habe ich etwas abgewartet, bis die Pose passte.
Ich habe die Bilder, wie die meisten meiner Werke, mit einer analogen Mittelformat-Hasselblad aufgenommen.
In der Regel kommt mir die Idee einfach. Vermutlich kommt sie aus meinem Unterbewusstsein. Ich überlege dann, recherchiere zum Thema und beginne, die Serie zu fotografieren. Manchmal kommen mir mehrere Ideen gleichzeitig in den Sinn, dann arbeite ich sie einzeln nacheinander ab.
Ich sehe auf mehreren Ebenen eine Verbindung: Zum einen visuell, was Farben und Textur angeht. Zum anderen konzeptionell: die Schützengräben aus dem Ersten Weltkrieg auf der einen Seite und das Wassermelonenfeld, das wie ein Schlachtfeld aussieht auf der anderen.
Auch der Gedanke an das, was darunter liegt – das Grün, das auf dem Blut der Soldaten wuchs, und das Bild des roten Saftes, der austritt, wenn die Wassermelone zerbricht.
Der einsame junge Mann sitzt in der Stille der Wüste, ich denke bei dem Anblick an die Bibelgeschichte über Josef und seinen bunten Mantel, auch verlassen in der Wüste (obwohl die Geschichte ein gutes Ende hat).
Ich komme als Künstlerin nach Deutschland und Kunst kennt keine Grenzen oder Nationalitäten. Menschen sind Menschen und haben die gleiche menschliche Grundlage. Wir leben in einer Zeit, in der wir uns auf das Gute und das Mitgefühl besinnen müssen.
Ich verwende Stative hauptsächlich, um die Kontrolle und einen Genauigkeitstest für meine Fotos zu haben. Normalerweise fotografiere ich in der Mittagszeit, so dass es keine Probleme mit dem Licht gibt, aber selbst dann sorgt das Fotografieren mit Stativ dafür, dass alles da ist, wo ich es haben will, einschließlich der Schärfe. Die Kamera, die ich benutze, ist ziemlich schwer, also hilft das Stativ auch dabei.
Das große Thema und das große Ziel der Ausstellung ist es, Dialoge herzustellen. Sowohl Ähnlichkeiten wie auch Unterschiede sind dabei ein wichtiger Bestandteil. In allen Bildpaaren habe ich deshalb nach beiden Aspekten gesucht, also nach Verbindungen wie auch Gemeinsamkeiten.
Ich glaube, dass die Smartphone-Fotos ihr eigenes Ziel und ihre eigene Ästhetik haben. Die Ergebnisse der Smartphone-Kamera sind sehr gut und werden immer besser, aber ich glaube nicht, dass sie eine echte Konkurrenz für die Kamera sind.
Der Vorgang und der Prozess des Fotografierens sind anders, genau wie die Kontrolle über die fotografische Sprache.
Ich denke, dass dies auch so bleiben wird, da sich die „echten“ Kameras und die Smartphone-Kameras parallel weiterentwickeln.
Aber das wichtigste Werkzeug ist der Fotograf selbst: sein Auge, sein Geist, sein Herz und seine Seele. Wenn er sich entscheidet, eine Kamera oder ein Smartphone zu benutzen, um etwas auszudrücken, ist das eine künstlerische Entscheidung, und es ist wunderbar, dass er die Wahl hat.